Doch keine authentischen Anzeichen der Laylat al-qadr?
Jedes Jahr im Ramadan strengen sich die Muslime in der Anbetung an, um die besonderen Vorzüge und Belohnungen dieses Monats zu erreichen, darunter auch die Belohnung des Laylat al-qadr, die Nacht der Bestimmung, welche ja besser ist als 1000 Monate. Umso mehr strengt man sich in den letzten zehn Nächten an, um diese besondere Nacht durch Anbetung zu erreichen. Dass die Laylat al-qadr in den letzten 10 Nächten ist, geht aus einigen authentischen Überlieferungen hervor, ohne dass das Datum genau festgelegt wurde. So werden auch bestimmte Anzeichen erwähnt, welche auf diese Nacht deuten und in einigen Überlieferungen vorkommen. Doch stellt sich die Frage, wie zuverlässig diese Überlieferungen sind.
Der Hadithforscher ʿAmmār Aḥmad untersuchte alle ihm zur Verfügung stehende Überlieferungen diesbezüglich und kam zu folgenden Ergebnissen:
1. Die Anzahl der Anzeichen des Laylat-al-qadr, die aus den Überlieferungen bezüglich dieser Nacht entnommen werden können, sind 12: Sie ist eine reine, ruhige, gemäßigte (weder heiß noch kalt) Nacht, sie ist weder bewölkt noch windig und es regnet nicht. Sternschnuppen sind am Himmel nicht vorhanden, die Sonne geht ohne Strahlen am Morgen auf und Hunde bellen nicht.
2. Keine der Überlieferungen, in denen diese Anzeichen erwähnt werden, sind authentisch vom Gesandten, Friede sei mit ihm, überliefert. Alle Überlieferungsketten sind nicht authentisch.
3. Manche der Gelehrten haben andere Anzeichen genannt, wie z.B.: das Verbeugen der Bäume, das Erscheinen heller Lichter und dass salziges Wasser süß schmeckt. Jedoch gibt es keine Beweismittel aus den islamischen Quellen für diese Anzeichen.
4. Manche dieser Anzeichen widersprechen der Realität, wie z.B. das Anzeichen, das von der gemäßigten Nacht spricht, die weder heiß noch kalt ist, oder etwa dass Hunde in der Nacht nicht bellen und dass die Nacht nicht bewölkt ist oder dass salziges Wasser süß schmeckt.
5. Das einzige Anzeichen, dass mit einer Überlieferungskette überliefert wird, welche im Großen und Ganzen authentisch scheint, ist jene, dass die Sonne am Tag ohne Strahlen aufgeht. Jedoch hat sich nach einer Untersuchung der Authentizität der Überlieferung herausgestellt, dass es sich bei diesem Anzeichen um die Worte des Nachfolgers Zirr b. Hubaish handelt und nicht wie es fälschlicherweise von manchen Überlieferer dem Gesandten, Friede sei mit ihm, zugeschrieben worden ist.
6. Auch wenn wir annehmen, dass dieses Anzeichen tatsächlich vom Gesandten, Friede sei mit ihm, überliefert wird, dann geht aus dem Beweismittel hervor, dass dies nur für das Jahr galt, in dem der Gesandte, Friede sei mit ihm, uns über dieses Anzeichen informiert hat. Ähnlich ist es mit dem Anzeichen, in dem es heißt, dass der Gesandte, Friede sei mit ihm, sich am Morgen im Wasser und Lehm niederwirft.
7. Das Aufgehen der Sonne ohne jegliche Strahlen ist wetter- und klimabedingt, was sich von Ort zu Ort unterscheidet. Also ist es nicht möglich, dies als ein permanentes Anzeichen der Laylat-al-qadr anzusehen.
8. Das Aufgehen der Sonne ohne jegliche Strahlen ist kein außerordentliches Ereignis, womit zwischen Laylat-al-qadr und anderen Nächten unterschieden werden kann. Nein, vielmehr tritt dieses in vielen anderen Nächten im Jahr auf.
9. Es gibt keine Überlieferungen von den großen Gelehrten der vorherigen Generationen, die diesen Anzeichen einen besonderen Stellenwert gegeben haben. Es gibt jedoch einige Überlieferungen, dass einige Gelehrte aus Basra und Kufa solche Anzeichen beachtet haben, jedoch wird die Authentizität in Frage gestellt.
10. Der Gesetzgeber hat es den Menschen nicht ermöglicht, eine bestimmte Nacht als Laylat-al-Qadr zu zuordnen, damit sie sich in den gesamten zehn Nächten in der Gottesanbetung bemühen. Die Weisheit dahinter wäre mit dem Dasein eines klaren Anzeichens für Laylat-al-qadr nicht mehr vorhanden, da man dadurch, wenn das Anzeichen z.B. am Anfang der zehn Nächte vortritt, die anderen Nächten nachlässig wird.
11. Der Gesetzgeber hat die Menschen dazu aufgerufen Laylat-al-qadr in den letzten zehn Nächten zu suchen (mit der Anbetung) und hat sie nicht informiert, welche Nacht sie ist.
Und Allah weiß am besten.
Der arabischsprachige Leser kann die vollständige Abhandlung an dieser Stelle durchlesen: https://www.alukah.net/sharia/0/140237/